Ich lasse nicht gerne los.
Manchmal ist das als Autor sehr hilfreich, denn was sonst triebe einen dazu, sich tagtäglich immer wieder an dieselbe Geschichte zu setzen? Manchmal kann es aber auch sehr hinderlich sein. Wie ich schon im Vorwort zum
Öden Land schrieb:
... ich hatte immer große Probleme mit der erschöpften Feststellung, kein Text werde je fertig, aber jeder Text müsse irgendwann aufgegeben werden ... und ich neige dazu, jedes Mal, wenn ich über eine alte Geschichte stolpere, mich über meine Versäumnisse zu ärgern.
Fairwater war meine älteste Geschichte (Jugendsünden ausgenommen) — und aus heutiger Sicht voller Versäumnisse.
Hinzu kommt die Ironie, dass ich bei diesem Text länger als bei allen anderen darauf gehofft hatte, dass er gedruckt wird, wir mittlerweile jedoch in einer Welt leben, in der E-Books beinahe genauso wichtig sind wie Taschenbücher.
Es gab aber nie ein E-Book zu Fairwater. Selbst die letzte korrigierte Fassung des Textes existierte nicht mehr.
Somit gab es nur eine Möglichkeit, beide Probleme zu lösen: Eine komplette Überarbeitung.
Dies nur als Kurzfassung der Gründe, die zu der Neuausgabe führten. Einen ausführlichen Eindruck auf die Entstehungsgeschichte des Romans bietet das neue Vorwort:
Als ich mit dem Abstand von fast fünfzehn Jahren wieder in diesen Text eintauchte, sah ich nicht mehr viel von der Magie, die ich beim Schreiben einst hineinprojiziert hatte. Stattdessen sah ich: falsch benutzte Begriffe, fragwürdige Grammatik, eine Flut von Füllwörtern und unverständliche autobiographische Bezüge. Und ich sah mich selbst zu dieser Zeit: einen jungen, völlig überforderten Autor, der mit viel Rauch und Spiegeln seine eigene Unsicherheit zu kaschieren versuchte ...
Kommen wir zu den Fakten: In welcher Hinsicht unterscheidet sich
Fairwater (2015) von
Faiwater oder die Spiegel des Herrn Bartholomew (2007)?
- Der Roman erscheint in aktueller deutscher Rechtschreibung (2006).
- Neu sind ein Vorwort und ein überarbeitetes Figurenverzeichnis.
- Der Haupttext wurde komplett und auf Wortebene überarbeitet. Es gibt keine Seite des Buchs, auf der es nicht zu Änderungen gekommen wäre. Die meisten dieser Änderungen sind stilistischer Natur. Andere betreffen auch Figuren, ihre Charakterisierung und plotrelevante Zusammenhänge.
- Teilweise wurden Abschnitte entfernt oder umgestellt. Einige für die Printausgabe gekürzte Szenen im dritten Kapitel wurden wieder ausgebaut.
- Der neue Text ist insgesamt ca. 27.000 Zeichen kürzer als der alte. Ursächlich hierfür ist in erster Linie die stilistische Überarbeitung.
Am eigentlichen Inhalt der Geschichten hat sich (fast) nichts geändert. Auch die große "Auflösung" ist dieselbe geblieben. Es ist also eher eine sehr tiefgreifende "Remastered"-Version, kein "Reimagening". Dank der Überarbeitung ist der neue Text in seiner Präsentation aber sehr viel geradliniger und eindeutiger geworden.
Nicht einfacher oder schlichter ... aber richtiger. Und weniger redundant.
Weil ein Bild mehr als tausend Worte sagt:
Das hier habe ich mit dem Text gemacht:
Nächste Woche folgen noch ein paar konkrete Beispiele.