Star Trek XII: Minor Spoiler Rant

... oder: Was mich am neuen Star Trek wütend macht.

Vorweg: Ihr könnt das lesen, wenn ihr in Kauf nehmt, dass ihr ein, zwei Details der Mission des neuen Films erfahrt. Ich verrate euch nicht, warum die Enterprise auf diese Mission geschickt wird, und was ihr am Ziel alles passiert. Ich erwähne auch nicht die Frage, die alle beschäftigt. Was ich erwähne, sind Reisedauer, ein Planet, ein Anruf, und ein zweites Schiff.

Der neue Star Trek Film ist in den Kinos, und J. J. Abrams hat es geschafft, einen würdigen Beitrag zum Kanon abzuliefern, der Lust darauf macht, mehr Filme mit dieser Crew, in der von ihm begründeten Zeitlinie, zu sehen.

Ein, zwei Dinge haben mich aber massiv gestört, und ich will hier vor allem von diesen Dingen schreiben, die mit dem Plot nur am Rande etwas zu tun haben, und auf den ersten Blick vielleicht nichtig erscheinen.

Da wären zum einen die absurd kurzen Reisezeiten. Die Enterprise bricht auf zu einer Mission in der (klingonischen) neutralen Zone, natürlich mit Warpgeschwindigkeit. Schon kurz nach dem Start hat sie einen Maschinenschaden und fällt in den Normalraum zurück, doch die einzige praktische Auswirkung dessen ist, dass man halt eine Viertelstunde länger mit dem Shuttle fliegen muss. Außerdem ist die neutrale Zone anscheinend auch in Waffendistanz zur klingonischen Heimatwelt.

Auf dem Rückflug ist es noch schlimmer. Die Enterprise fliegt los, wird dabei aber wie in einem guten alten Autorennen von einem Schiff mit überlegener Technik verfolgt und aus dem Subraum geschossen (eine völlig überflüssige Actionsequenz, die man auch durch einen Hinterhalt oder Ähnliches hätte ersetzen können). Zum Glück ist man da aber schon so gut wie daheim – nach schätzungsweise zwei Minuten Film (und Flug).

Die zweite Sache, die mich gestört hat, und die man mit ein, zwei Zeilen Dialog wenigstens hätte erklären können, ist der Umstand, dass Kirk ein auf der Erde zurückgebliebenes Crewmitglied mal eben von der neutralen Zone aus auf seinem Kommunikator anruft. Klar leben wir in einer Welt globaler Erreichbarkeit, und sicher gäbe es im Star-Trek-Universum Mittel, auch überlichtschnelle Anrufe quadrantenweit zu tätigen, aber wenigstens die Erwähnung einer Relaisstation wäre nett gewesen.

Warum mich das nun aber stört? Bin ich einfach ein Nerd, der gerne über Sternenkarten und Ponystrecken grübelt, um genau ausrechnen zu können, am Morgen welchen Tages Boromir mal austreten musste und Riker in Zehn Vorne seinen Raktajino verschüttete? Nein.

<nerd rage>

Oder eigentlich, ja. Ich will so was nicht unbedingt wissen, aber ich will die Möglichkeit haben, das nachzuvollziehen. Ich ärgere mich auch darüber, wenn in Filmen wie dem "Englischen Patient" nie herauskommt, was eigentlich in den drei Jahren zwischen Rückblende und Haupthandlungsstrang passiert ist. Wenn ich merke, dass es einfach Fehler waren (wenn z.B. Ridley Scott sich halt nicht dafür interessiert, wie weit Zeta Reticuli von uns entfernt ist, und wie viele Monde es dort denn nun eigentlich gibt), bin ich sogar bereit, das zu verzeihen.

Aber wenn einfach aus Faulheit alles immer grade so weit weg und alles immer so erreichbar ist, wie's grade passt, dann macht mich das wütend. Denn ich bin mir fast sicher, dass das Drehbuch von Into Darkness, wenn man es nach allen Regeln der Kunst auseinandernähme, sonst makellos wäre. Wahrscheinlich sitzt jeder Plot Point und jede Explosion genau da, wo sie sein soll. Bloß für den Flug von der Erde zur neutralen Zone war halt nur die eine Szene auf Seite 24 vorgesehen. Und wenn die länger gedauert hätte, hätte man dafür den Dialog auf Seite 25 kürzen müssen. Oder so. Ich bin mir fast sicher, dass es an so was liegt.

Und das heißt für mich, dass der Autor oder der Regisseur seine Welt nicht mit Respekt behandelt.

Es ist nicht das erste Mal, das mir so was auffällt. Ich freue mich ja über hochkarätig besetzte, teuer produzierte und visuell grandios in Szene gesetzte Science Fiction. Aber wenn der Film dadurch zu einem lenseflaregeschwängerten Kunstwerk meets Actionpark wird, das die interne Logik seines Settings mit Füßen tritt, vergeht mir der Spaß. Ich meine, J. J. Abrams will uns doch hoffentlich nicht weismachen, dass Kronos wirklich gleich bei Alpha Centauri um die Ecke liegt (und selbst das fliegt sich nicht in einer Minute, es sei denn halt mit zweimillionenfacher Lichtgeschwindigkeit, und wir können uns denken, was Scotty davon hielte), und dass die Klingonen praktisch Bug-Style mit Steinen nach der Erde werfen könnten, wenn sie wollten ... oder? Das würden ihm die Fans zwar noch viel weniger verzeihen, aber es wäre wenigstens eine Erklärung, wenn auch eine sehr schlechte.

Die Wahrheit aber ist: Wir alle wissen, wo Kronos liegt.

Es war J. J. Abrams bloß leider egal. Und Orci/Kurtzman/Lindelof anscheinend auch.

Und das macht mich wütend.

(Wie viele Ferengi braucht es, um ein Drehbuch zu schreiben ...? Lassen wir das lieber.)

Und noch wütender macht es mich, wenn dann irgendwer sagt: "Aber die fliegen doch auch mit Raumschiffen. Das ist doch eh gar nicht echt!"

Ach, ehrlich? Na so was! Leider geht es aber genau darum: Dass man es als Zuschauer eine Weile für echt halten können will. Und das geht nicht, wenn direkt unter der Oberfläche des Skripts Logikfehler von der Größe eines Warbird parken.

Das ist wie mein Lieblingsargument der Menschen, die mit Fantasy nichts am Hut haben: "Das ist doch Magie, das muss nicht realistisch sein!"

Nein. Nein. Nein. Tut mir leid, aber ihr habt da was ganz Wichtiges nicht verstanden.

Es ist doch vollkommen egal, ob wir hier von einem SF&F-Universum; reden oder nicht. Niemand würde es akzeptieren, wenn James Bond beim Flug von Moskau nach New York nach einer Minute abstürzt und dann halt noch eine Viertelstunde mit dem Schlauchboot paddeln muss. Niemand würde es akzeptieren, wenn die Technik, die Q ihm am Anfang vom Film mitgab, am Ende auf einmal was völlig anderes macht, oder wie es halt gerade passt. Natürlich wurden und werden all diese Fehler gemacht, aber es waren immer schon Fehler, an denen sich Menschen, für die ein Kinobesuch mehr ist als nur ein Fernsehabend mit RTL, gestört haben.

Wenn man als Filmemacher das eigene Universum, das man für diese zwei Stunden Magie im Kinosaal erschaffen hat, nicht mit Respekt behandelt, dann erlischt auch der Zauber dieser Erfahrung. Nicht daran erinnert zu werden, dass das auf der Leinwand alles bloß Quatsch ist, ist genau der Grund, weshalb man an der Kasse sein Geld abgibt, nicht seinen Verstand. Der will sich eine Weile davon überzeugen lassen, dass die Welt auch anders sein könnte, als er sie kennt. Das ist, was man suspension of disbelief nennt.

(Ach, und: 3D hilft da auch nicht. Wie ein Freund so treffend sagte, 3D ist auch bloß DRM.)

</nerd rage>

Es geht mir schon besser.

Und auch, wenn es jetzt nicht danach klang, aber Star Trek Into Darkness ist trotzdem ein guter Film.

Geht und schaut ihn euch an.